Tourniert: KwonSookSoo, Seoul
Der erste Eindruck des mit zwei Sternen ausgezeichneten Restaurants KwongSookSoo in Seoul ist unfreundlich. Wenn ich mich nicht bis zehn nach acht im Restaurant einfände, werde man den Tisch anderweitig vergeben, so die Dame am Telefon. Wohlbemerkt habe ich sie angerufen, aus dem Taxi, das auf dem Weg zum Restaurant im Stau feststeckt.
Vermutend, dass sie mich nicht richtig verstanden hat, wiederhole ich, dass ich lediglich im Stau feststecke und mich eventuell etwas verspäte. Aber sie bleibt dabei. Komme ich zu spät, sind Stornogebühren fällig, und die Reservierung ist futsch. Da möchte man am liebsten gleich wieder umkehren. Aber auf der Gegenspur ist genauso viel los.
Ich schaffe es rechtzeitig. Innen keine Spur von Unhöflichkeit. Das im vierten Stock eines Geschäftsgebäudes untergebrachte Restaurant ist schlicht eingerichtet. Um eine schmale, lange Anrichte in der Mitte des Raumes befinden sich die Tische. Die sind so niedrig, dass man Mühe hat, seine Beine unterzubringen. Das Essen wiederum wird auf erhöhten Tabletts auf die Tischplatte gestellt, in Summe eine etwas komplizierte Alternative zu Tischen, die von vornherein die richtige Höhe haben.
Das Restaurant bietet ausschließlich ein umfangreiches Degustationsmenü inklusive Aufpreisoptionen und Auswahlmöglichkeiten beim Hauptgang (KRW 195.000, ca. € 150) an. Die Weinkarte bietet u. a. einiges Spannende aus dem Burgund, z. B. einen 2016er Bourgogne blanc von der Domaine Roulot (ca. € 180).
Der erste Akt besteht aus einem Arrangement von sieben Appetizern, von würzigem, kaubedürftigem Beef Jerky (6/10) über eine nur wenig spannendere Bohnensuppe (6/10) über einen Algen-Cracker mit Walnuss (6,5/10) bis zu einer als Tempura verarbeiteten Zucchiniblüte mit einer Farce aus Mais und Garnelen (7/10). Vieles davon mit Fragezeichen behaftet.
Das Menü selbst schwankt auf unterschiedlichen Niveaus. Schwächer als erwartet fällt beispielsweise der nächste Gang aus, ein grob geschnittenes, schwach gewürztes Rindertartar mit edlem, aber sehr verhalten schmeckendem Matsutake-Pilz und, daneben, einem seltsamen Pulver aus Sesam und Grünkohl. (6,9/10)
Hervorragend ist dann wiederum eine jodig-salzige, süffige Kreation mit kleingeschnittener Abalone, vierzig Jahre alter Sojasauce und Kaviar (zzgl. € 27). (7,9/10)
Skurril dann wieder eine kalte, sämige Sesamsuppe mit Kalbsklößchen und italienischem schwarzem Trüffel ‒ recht muffig und neutral. (6,9/10)
Das beste Gericht ‒ man sieht es ihm schon an ‒ ist ein mit Krebsfleisch zubereitetes Chawanmushi mit einem Kaisergranat von der koreanischen Jeju-Insel, Milchschaum und Kaviar. Das Ensemble ist heiß, duftet nach Meer und bietet ein harmonisches Geschmacksbild nebst kurzweiligen Kontrasten. (8/10)
Weitere Gänge beinhalten unter anderem sehr gutes, buttriges koreanisches Rindfleisch (strip loin) mit knackig gegartem grünem Gemüse (7/10) sowie einen aus sieben Einzelgerichten bestehenden letzten herzhaften Gang, der die notorisch nach Mülleimer schmeckenden fermentierten Spezialitäten um Kimchi präsentiert. Durch viel Schärfe als Kontrapunkt gefällt mir das hier allerdings alles ziemlich gut (7/10).
Die Desserts sind alle sehr experimentell, keines davon begeistert mich.
In Summe war es recht ungemütlich hier, die Küche wirkte streckenweise etwas forciert kreativ und ohne roten Faden ‒ trotz einiger Speisen auf unstrittig hohem Niveau. Weder ist das KwonSookSoo jedoch ein spannender Ort für einen kurzweiligen Abend noch ein Restaurant, das irgendwo Maßstäbe setzt. Nicht allzu begeistert fahre ich daher nach knapp zwei Stunden wieder zurück ins Hotel ‒ inzwischen ganz ohne Stau und ohne die Befürchtung, dass mein Hotelzimmer gleich anderweitig vergeben wird.
Informationen zu diesem Besuch | |
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Restaurant: | KwonSookSoo (→ Website) |
Chef de Cuisine: | Kwon Woo-joong |
Ort: | Seoul, Südkorea |
Datum dieses Besuchs: | 07.10.2019 |
Guide Michelin (Seoul 2019): | ** |
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